Hier sitze ich nun an meinem Platz, welchen ich bis am Morgen nicht verlassen werde. Mit den üblichen 10 Minuten Verspätung (wir sind alle unpünktlich in unserem Betrieb ) öffnen wir die Tür für jene Gäste, welche unverständlicherweise um 22.00Uhr schon in unseren Club stürmen. Es scheint mir manchmal, als täten sie dies, um einen möglichst gute Garderobennummer zu ergattern. Wieso stressen die auch so? Ich kann es nicht verstehen, trotzdem bleibe ich freundlich. „ Zwoi Franke bitte.“ – „Merci. Vell Spass.“ Wie üblich erhalte ich von meinem Gegenüber nur den kontrollierenden Blick, ob ich die Jacke auch richtig und inklusive Schal, Schirm und Co aufhänge.
Dann schalte ich mein Gehirn aus und nehme alle Jacken mit derselben Mimik entgegen. Dabei bin ich mit meinen Gedanken weit weg. Zuhause bei meinem Freund, in der Schule oder bei der Planung von meinem Geburtstag.
So geht es dann bis um etwa 2.00 Uhr. Mittlerweile hat der Ansturm auf die Plätze in unserer Garderobe nachgelassen. Ich sitze zusammen mit Annine da und wir erzählen uns Dinge um wach zu bleiben. Möglichst viel erzählen, Cola light oder Sol mate trinken und sich bewegen - nur nicht einschlafen!!!
Erst um circa 3.30Uhr wird es wieder interessant. Die Leute haben genug getrunken und lassen ihren Emotionen freien Lauf. Nun wird das Ventil zu einem Sammelbecken für Beziehungskrisen und Streitigkeiten. Wir an der Kasse und Garderobe haben dabei den besten Platz, als sässe man im Kino in der ersten Reihe. Eine Kundin streitet vor dem Klo mit ihrem Freund, sie hat es sich tatsächlich erlaubt mit einem anderem Man zu tanzen – Flittchen. „Du chasch es nid lügne.“, ruft ihr Freund empört und Annine, welche sich das Geschehen näher betrachtet hat, berichtet Einzelheiten… Ich frage mich, wie viele Beziehungen im Ventil bis heute beendet wurden.
Dann kommt die nächste Hauptdarstellerin. Sie telefoniert mit ihrem Freund, beziehungsweise ihrem potentiellen Freund, natürlich beim Eingang, denn nur da ist es möglich seinen Gegenüber zu verstehen. Sie beendet das ansonsten unauffällige Gespräch mit: „Wend mer jetzt na wetsch en Hürotsatrag mache oder mer wetsch säge, dass du mich liebsch, den schrieb mer es SMS, das isch vell persönlicher.“ Dann läuft sie völlig selbstüberzeugt in Richtung Bar.
Ich liebe solche Geschichten. Sie sind es dann auch, welche am Ende des Abends im Team diskutiert und oftmals belächelt werden. Noch so mancher würde sich wundern, wie viel in unserer Runde über ihn zusammenkommt. „Hey händer die mitem gääle Tshirt gseh?“ – „Jo, die het imfall tanzt wie e Gstörti.“ –„Ächt? Die het mit öpe 3 verschiedene Type umegmacht.“…
Dabei frage ich mich oftmals, wieso es meist die Frauen sind, welche ein Drama machen. Sind wir wirklich so kompliziert? Oder sind wir Frauen nur so kompliziert, weil es von uns erwartet wird? Oder weil die Männer zu unkompliziert sind?
Vielleicht sind es doch die Männer welche uns einfach dazu veranlassen so dramatisch zu sein?! - Wahrscheinlich.
Um kurz nach 5 Uhr gehe ich dann nach Hause. Nächstes Wochenende habe ich frei und werde selbst wieder zu Gast im Ventil sein…
Für Interessierte: Ventil